Reform der Finanzaufsicht auf dem Weg: Mehr Kompetenzen und Verbraucherschutz

    16.03.2021
  • Lesezeit ca. 2:30 Minuten
Zahlen werden am Taschenrechner berechnet
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Der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags ist noch intensiv mit der Aufarbeitung des größten Bilanzskandals in der Wirtschaftsgeschichte des Landes beschäftigt, da kommt von der Regierung der erste Reformentwurf, um weitere Fälle wie Wirecard zu verhindern. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll unmittelbar reformiert werden – auch Verbrauchern winken dabei Vorteile.


Gelingt es einem Konzern, DAX-Mitglied und Aushängeschild der deutschen Digitalwirtschaft unter den Augen von Öffentlichkeit, Politik und Finanzaufsicht oder Wirtschaftsprüfern, einen Bilanzbetrug in Höhe von mindestens knapp zwei Milliarden Euro durchzuführen, könnte der Schaden für den Finanzplatz Deutschland kaum größer sein. So etwas darf nie wieder passieren. Zumindest bei diesem Punkt waren sich Politiker aller Parteien ausnahmsweise einmal schnell einig. Schon im März 2021 sollen die Parlamentarier jetzt über die ersten Reformbeschlüsse der Bundesregierung beraten und sie zügig beschließen.

Fehler im System

Der Wirecard-Skandal kam nicht über Nacht. Schon lange vorher gab es mindestens Indizien für Unregelmäßigkeiten und anerkannte Medien berichteten sogar darüber. Trotzdem reagierten Aufsichtsbehörden, Politik oder Wirtschaftsprüfer nicht. Dass Einzelne hohe kriminelle Energie entwickeln, um einen Betrug wie in den Wirecard-Dimensionen einzufädeln, wird nie ganz zu verhindern sein. Ein großer Finanz- und Wirtschaftsstandort wie Deutschland muss aber über eine Aufsicht als Frühwarnsystem verfügen, die solche Umtriebe schnell erkennt und stoppt. Dazu soll die Finanzaufsicht BaFin jetzt schnell notwendige Reformen erhalten.

Mehr Kompetenzen und Spezialisten für die BaFin

Die interne BaFin-Reform wird begleitet vom neuen Finanzmarktsintegritätsstärkungsgesetz (FISG). In diesem Wortungetüm von einem Gesetz erhält die Finanzaufsicht vor allem größere Durchgriffsrechte bei Bilanzprüfungen. Damit sie diese Rechte auch optimal nutzen kann, bekommt die Bundesanstalt eine umfangreiche personelle Aufstockung mit Spezialisten für Bilanzanalyse und Wirtschaftsprüfung. Zudem wird eine Taskforce mit weiteren Spezialisten gebildet, die es der Aufsicht erlaubt, jederzeit selbst Bilanzprüfungen durchführen zu können. Weiter interne Anpassungen des Organisationsstatuts der Anstalt benötigen künftig intern nur noch einfache Mehrheiten, um schneller auf konkrete Situationen oder allgemeine Veränderungen reagieren zu können.

Dazu sinkt die Amtszeit der Direktoriumsmitglieder von früher acht auf zukünftig fünf Jahre. Ob dieser Punkt die Schlagkräftigkeit der BaFin erhöht, bleibt abzuwarten. Immerhin zeigt er den Versuch, zu verhindern, dass sich noch einmal träge personelle Strukturen wie zu Zeiten des Wirecard-Skandals etablieren. Zur Erinnerung: Unter der letzten Führung von Felix Hufeld und seiner Stellvertreterin Elisabeth Roegele – beide zurückgetreten – hatte die BaFin zuletzt sogar lieber Journalisten angezeigt, die in Sachen Wirecard berichteten, als den Vorwürfen nachzugehen. Mit dem Spekulationsverbot auf fallende Wirecard-Kurse sendete man zudem ein fatales Signal an deutsche Kleinanleger, die dieses – nicht unberechtigt - als Vertrauensbeweis in das Unternehmen werteten. Zuletzt musste Hufeld dann auch noch einräumen, dass einer der eigenen Mitarbeiter mit Insiderwissen noch einen Tag, bevor die Wirecard-Bombe endgültig platzte, fleißig mit Zockerinstrumenten auf die Aktie spekuliert hatte.

Verdeckte Tests, um für Verbraucher Beratungsqualität bei Finanzprodukten zu prüfen

Wer zukünftig nach dem Rücktritt Hufelds in der BaFin die Verantwortung übernimmt, ist noch nicht entschieden. Auf jedem Fall kommen auf den neuen Mann oder die neue Frau an der Spitze einige erweiterte Aufgaben zu. Eine davon ist die Koordination von Tests zur Beratungsqualität von Finanzprodukten. Denn demnächst wird die BaFin regelmäßig verdeckte Tester – sogenannte Mystery Shopper – im ganzen Land aussenden, die bei Banken und Finanzdienstleistern prüfen, ob Verbraucher ausreichend und verlässlich vor dem Kauf diverser Finanzprodukte beraten werden. Das kann den Verbraucherschutz in diesem Bereich nachhaltig stärken und hätte sicher schon längst zu den Aufgaben der Finanzaufsicht gehören sollen, scheiterte aber bisher an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. Das soll sich nun im Sinne von Anlegern und Verbrauchern endlich ändern.

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