Erben treten die direkte Rechtsnachfolge von Verstorbenen an: über die gesetzliche Erbfolge oder individuelle Erbregelungen in einem Testament. Allein oder in einer Erbengemeinschaft mit mehreren Personen werden sie Eigentümer des gesamten Besitzes der Verstorbenen inklusive Forderungen und Rechten, aber auch Verbindlichkeiten.
Der zentrale Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis
Über ein Vermächtnis erhalten Begünstigte jedoch nur einen oder mehrere Gegenstände aus dem Vermögen der Verstorbenen. Bei solchen Nachlassgegenständen kann es sich um einen Geldbetrag, jede Form beweglichen Eigentums oder auch Immobilien handeln.
Begünstigte eines Vermächtnisses können beliebige Personen sein: zum Beispiel die liebevolle Pflegekraft, die sich bis zuletzt gekümmert hat. Wer sie nicht gleich zur Erbin machen möchte, kann sie über ein Vermächtnis bedenken.
Genauso können Sie Erben durch ein Vermächtnis mehr zukommen lassen, als ihnen ansonsten zustehen würde.
Dieses Vermächtnis muss ausdrücklich im Testament angeordnet werden. Mündliche Zusagen – auch vor Zeugen – gelten nicht. Allerdings gelten Auflagen wie eine Grabpflege, die Sie mit einem Vermächtnis verbinden können.
Formulierungen für ein Vermächtnis
Wählen Sie möglichst klare Worte für Ihren Willen. Wenn der Enkel beispielsweise Ihr Auto bekommen soll, dann vermachen Sie ihm dieses. Ein anderes Beispiel: Sollen Lebenspartner oder Lebenspartnerin Ihr gesamtes Vermögen erhalten, dann vererben Sie dieses.
Bei einem großen, komplexen Vermögen, mehreren Erben und Vermächtnisnehmern empfiehlt es sich immer, einen Erbrechtsanwalt oder Notar für die Formulierung des letzten Willens hinzuzuziehen.
Drei Arten von Vermächtnissen
Das Vorausvermächtnis
Dieses dient dazu, einem von mehreren Erben zusätzlich etwas zukommen zu lassen. Zum Beispiel hat ein Erblasser drei Kinder, die zu gleichen Teilen erben sollen, während ein Kind zusätzlich eine Immobilie erhalten soll. Durch ein Vorausvermächtnis erhält es bereits vor der eigentlichen Regelung der Erbangelegenheit einen Anspruch darauf, und die Immobilie wird auch nicht auf den Erbteil angerechnet.
Hier kommt es wieder auf eine präzise Formulierung an. Möchten Sie Ihren Erben nur bestimmte Vermögensgegenstände übertragen, ohne die Erbanteile zu verschieben, treffen Sie lediglich eine Teilungsanordnung.
Ein Ersatzvermächtnis
Ein Vermächtnis geht nicht automatisch auf die Erben von Vermächtnisbegünstigten über. Versterben die Begünstigten vorher, erlischt es – außer Sie benennen von Anfang an Ersatzbegünstigte.
Nießbrauchvermächtnis
Vielleicht möchten Sie einem Vermächtnisnehmer eine Immobilie nicht vollständig vermachen, sondern nur ein lebenslanges Wohnrecht einräumen, das von Ihren Erben geachtet werden muss. Erteilen Sie außerdem ein Nießbrauchvermächtnis, erhalten Begünstigte dann zudem das Recht, die Immobilie zu vermieten und die Mieteinnahmen zu behalten.
Unterschiede in der Stellung von Erben und Vermächtnisnehmern
- Vermächtnisnehmer sind nicht Teil der Erbengemeinschaft. Mehrere Erben bilden regelmäßig eine Erbengemeinschaft.
- Erben erwerben unmittelbar Eigentum – Vermächtnisnehmer zunächst nicht.
- Ohne notarielles Testament können Erben mit der Testamentseröffnung einen Antrag auf einen Erbschein stellen. Begünstigte eines Vermächtnisses besitzen dieses Recht nicht und sie erscheinen auch nicht auf dem Erbschein.
Kann ich ein Vermächtnis ausschlagen und kostet ein Vermächtnis Erbschaftssteuer?
Beide haben das Recht, ein Erbe oder Vermächtnis auszuschlagen. Erben erklären dies gegenüber dem jeweiligen Nachlassgericht, Vermächtnisnehmer gegenüber den Erben. Die Erben sind dabei an eine kurze Frist gebunden: sechs Wochen. Für die Ausschlagung eines Vermächtnisses gelten dagegen grundsätzlich keine Fristen.
Ein Vermächtnis bedeutet zwar immer einen Vermögensvorteil, kann aber im Falle einer Immobilie mit Schulden belastet sein. Haben Verstorbene die Übernahme der Schulden und des Kapitaldienstes nicht ausdrücklich ausgeschlossen, bildet dies oft den Grund, ein Vermächtnis auszuschlagen.
Im Falle einer Annahme werden Erben ebenso wie Vermächtnisnehmer erbschaftssteuerpflichtig. Dabei ist zu beachten, dass Erben meist wesentlich höhere Freibeträge angerechnet werden. Vermächtnisnehmern bleibt hier oft nur der pauschale persönliche Freibetrag von 20.000 Euro (Stand: 2023).
So erfahren Sie von einem Vermächtnis zu Ihren Gunsten
Hierzu schreibt Ihnen das Nachlassgericht. Haben Sie von Ihrem Vermächtnis Kenntnis, beginnt mit dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres der Bekanntmachung eine dreijährige Verjährungsfrist, in der Sie Ihr Vermächtnis von den Erben einfordern können – bei Grundstücken beziehungsweise Immobilien endet diese Frist sogar erst nach zehn Jahren.
Zuletzt: Vermächtnis und Pflichtteil
Im Rahmen Ihrer Testierfähigkeit können Sie nahe Angehörige auch enterben. Trotzdem behalten diese Personen ihren gesetzlichen Anspruch auf einen Pflichtteil vom Erbe. Dieser Anspruch lässt sich nicht durch ein Vermächtnis umgehen. Entweder nehmen Pflichtteilsberechtigte das Vermächtnis an und haben zusätzlich einen Ausgleichsanspruch in Höhe der Differenz zum Pflichtteil oder sie schlagen das Vermächtnis aus und verlangen ihren vollen Pflichtteil.
Checkliste Erbe und Vermächtnis
- Möchten Sie Ihr Erbe lediglich aufteilen oder explizit ein Vermächtnis zugunsten bestimmter Erben treffen?
- Was beinhaltet das Vermächtnis?
- Wer soll Vermächtnisnehmer sein?
- Wollen Sie einen Ersatzvermächtnisnehmer einsetzen?
- Wer hat das Vermächtnis zu erfüllen?
- Wann soll das Vermächtnis fällig sein?
- Wer hat die eventuellen Kosten der Vermächtniserfüllung zu tragen?
- Wem stehen mögliche Erträge des Vermächtnisses zu?
- Soll das Vermächtnis mit oder ohne Übernahme eventueller Schulden ausgestaltet sein?
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