Einen Kredit aufnehmen, Schulden machen, sich an eine Immobilie binden und keine Garantie haben, dass am Ende alles gut geht. Das sind beunruhigende Gedanken, die oft vom Kauf abhalten. Lieber noch warten, bis sich bessere Voraussetzungen ergeben, lautet die Devise.
Raus aus der Komfortzone und rein ins Eigenheim
Was viele nicht bedenken: Während sie zögern und fleißig Miete zahlen, hätten sie auch schon einen Kredit zu historisch niedrigen Zinsen abschließen und die ersten Raten begleichen können. Aktuell sind die Zinsen so günstig wie nie und die Mietpreise vielerorts überteuert. Auf bessere Voraussetzungen warten? Das könnte verschenkte Zeit sein.
Den Weg nicht mit Stolpersteinen pflastern
Zeit ist Geld. Denn wer den Erwerb eines Eigenheims mit dem Gedanken „Das hat noch fünf Jahre Zeit“ von sich schiebt, sollte sich folgende Zahlen vor Augen führen: Angenommen, ein Mieter zahlt jeden Monat 450 Euro Kaltmiete. Pro Jahr bedeutet das eine Summe von 5.400 Euro. Würde er diesen Betrag zur Tilgung eines Immobilienkredits aufwenden, hätte er nach fünf Jahren bereits 27.000 Euro abgezahlt.
Wenn jemand in der Lage ist, regelmäßig Miete zu zahlen, kann er prinzipiell also auch einen Kredit fürs Eigenheim bedienen. Aber Achtung: Das bedeutet nicht, dass jeder Mieter einfach wild drauflos kaufen kann. Wer das Ganze überstürzt, legt sich nur selbst Steine in den Weg.
Die Finanzierung eines Eigenheims will gut geplant sein. Zunächst muss realistisch ermittelt werden, wie viel eine Wohnung oder ein Haus kosten darf. Verschaffen Sie sich Klarheit, indem Sie sich folgende Fragen beantworten.
Wie hoch ist mein monatliches Budget?
Wer sich für den Bau oder Kauf eines Eigenheims entscheidet, muss mit laufenden Kosten rechnen. Dazu zählt einerseits die monatliche Tilgung des Kredits. Oft wird laienhaft behauptet, dass Kreditnehmer sich für die monatliche Rückzahlung an ihrer bisherigen Miete orientieren sollen. So einfach ist es allerdings nicht.
Wenn Sie für die Kredittilgung mit Ihrer bisherigen Warmmiete rechnen, übersteigen Sie schnell Ihr Budget. Denn auch im Eigenheim fallen Wohnnebenkosten für Heizung, Strom, Wasser, Müll, Grundsteuer und so weiter an. Diese sind mit großer Wahrscheinlichkeit sogar höher als in der Mietwohnung. Um einen Anhaltspunkt für Ihr monatliches Budget zu haben, betrachten Sie am besten Kalt- und Warmmiete getrennt. Werfen Sie auch einen sorgfältigen Blick auf die letzten Nebenkostenabrechnungen. Mussten Sie draufzahlen oder gab es Geld zurück?
Als Faustregel gilt, dass die Wohnkosten (Kredittilgung und Betriebskosten) insgesamt nicht mehr als 50 Prozent des Nettoeinkommens eines Haushalts betragen sollten. Je nach individuellen Ausgaben kann dieser Wert aber stark schwanken. Ein Single mit hohem Einkommen wird mehr erübrigen können als eine Familie mit mehreren Kindern. Deshalb muss für jeden Haushalt ein eigener Kassensturz vorgenommen werden. Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Einnahmen und Ausgaben sorgfältig gegenüberstellen. Gehen Sie realistisch an die Sache heran und rechnen Sie nicht zu knapp. Unregelmäßige Ausgaben für Kleidung, Urlaub oder Reparaturen sollten Sie lieber zu hoch als zu niedrig ansetzen. Urlaubsgelder oder mögliche Gehaltserhöhungen sollten nicht in die Rechnung einfließen. Wenn sie wegfallen, fehlt bei der Finanzierung eine Menge Geld. Solche Zahlungen können Sie besser nutzen, um Sondertilgungen vorzunehmen oder zusätzliche Rücklagen zu bilden.
Wie hoch sind die Kaufnebenkosten?
Achten Sie bei der Auswahl einer Immobilie nicht nur auf den Kaufpreis, der in der Anzeige steht. Denn zum tatsächlichen Preis, den Sie am Ende zahlen müssen, kommen noch Grunderwerbsteuer (3,5 bis 6,5 %), Notar- und Grundbuchgebühren (ca. 1,5 %) und Maklergebühren (ca. 6 %) hinzu.
Möchten Sie zum Beispiel ein Haus für 450.000 Euro kaufen, müssen Sie mit folgenden Kaufnebenkosten rechnen:
- Grunderwerbsteuer: 20.250 Euro
- Notar- und Grundbuchgebühren: 6.750 Euro
- Maklergebühren: 27.000 Euro
Die Nebenkosten betragen insgesamt 54.000 Euro, womit der Gesamtpreis auf 504.000 Euro steigt. Zusätzliche Kosten für Renovierungsarbeiten oder neue Einrichtung sind hier noch nicht berücksichtigt.
Wie viel Eigenkapital habe ich?
Eine Immobilie ohne Eigenkapital zu kaufen, ist zwar möglich, aber nicht ganz risikofrei. Wer über Eigenkapital verfügt, erhält Kredite zu günstigeren Zinssätzen. Denn für Banken verringert sich so das Risiko. Meistens wird Eigenkapital von 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises verlangt. Es kommt aber ganz auf den Einzelfall an. Ein sicherer Job und ein gutes Gehalt können Argumente dafür sein, dass die Finanzierung auch ohne Eigenkapital problemlos möglich ist.
Um so viel Eigenkapital wie möglich zusammen zu bekommen, schauen Sie zunächst nach, wie viel Geld sich auf Sparbüchern, Tagesgeld- oder Festgeldkonten befindet. Falls Sie über Aktien oder Wertpapiere verfügen, können Sie diese unter Umständen verkaufen. Natürlich können auch Bausparverträge eingesetzt werden. Allerdings erst, wenn sie zuteilungsreif sind. Sie vorzeitig zu kündigen, ist in der Regel teuer. Gleiches gilt für Kapitallebensversicherungen – diese sollten sie nur im Notfall kündigen. Wer Land besitzt und dieses nicht nutzt oder verpachtet, kann es verkaufen, um an das nötige Eigenkapital zu gelangen. Auch ein vorgezogenes Erbe von den Eltern oder geliehenes Geld von anderen Verwandten kann eine Möglichkeit sein.
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Wie hoch sind die Zinsen?
Zu welchem Zinssatz Sie einen Kredit erhalten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zunächst ist das Zinsniveau am Finanzmarkt entscheidend. Dies befindet sich seit Jahren auf historisch niedrigem Niveau. Aktuell gibt es Immobilienkredite schon ab ungefähr 1,1 Prozent. Vor zehn Jahren mussten Kreditnehmer oft mehr als fünf Prozent zahlen. Gleichzeitig spielt aber auch die Bonität des Kreditnehmers eine wichtige Rolle. Zur Bonität gehören regelmäßiges Einkommen, Jobsicherheit und die Höhe des Eigenkapitals.
Beides können Sie wenig bis gar nicht beeinflussen. Anders verhält es sich mit der Zinsbindung. Über diesen Faktor können Sie selbst entscheiden. Mit der vereinbarten Zinsbindung legen Sie fest, für welchen Zeitraum Sie sich aktuelle Zinsen sichern wollen. Gerade in Niedrigzinsphasen ist es unbedingt ratsam, auf eine langfristige Zinsbindung zu bestehen. Dadurch steigen zwar die monatlichen Kosten – bei zehnjähriger Zinsbindung zum Beispiel von 1,1 auf 1,4 Prozent. Gleichzeitig sinkt aber auch das Risiko.
Sie müssen abwägen, wie risikobereit Sie sind. Wer eine kurze Zinsbindung vereinbart, sichert sich günstigere Konditionen. Wenn die Zinsbindung allerdings nach fünf Jahren ausläuft und dann das allgemeine Zinsniveau erheblich gestiegen ist, kann es zu finanziellen Problemen kommen. Mit langfristiger Zinsbindung können Sie genau einkalkulieren, was Sie in den nächsten Jahren bzw. Jahrzenten zahlen müssen.
Wie schnell kann ich den Kredit tilgen?
Fast genauso wichtig wie die Zinsbindung ist die Tilgungsrate für einen Kredit. Viele Anbieter werben mit Tilgungsraten von 1 Prozent. Die monatliche Belastung sei gering und so könnten sich auch Geringverdiener ohne Probleme teure Immobilien leisten. Doch die Sache hat einen Haken: Je geringer die Tilgungsrate ausfällt, desto länger benötigen Sie, um den Kredit abzuzahlen. Und je länger Sie verschuldet sind, desto größer wird auch die Summe der Zinskosten.
Eine Tilgungsrate von mindestens 2 bis 3 Prozent empfiehlt sich. Damit können Sie mehrere tausend Euro sparen und einige Jahre früher schuldenfrei werden. Nehmen Sie bei einem Zinssatz von 2 Prozent ein Darlehen über 100.000 Euro auf und vereinbaren eine Tilgungsrate von 1 Prozent, müssen Sie im Monat 250 Euro zahlen. Sie brauchen dann 55 Jahre, um den Kredit zu tilgen und zahlen insgesamt Zinskosten in Höhe von ca. 65.000 Euro. Mit einer Tilgungsrate von 3 Prozent erhöht sich die monatliche Belastung auf 416 Euro, aber die Dauer der Rückzahlung verringert sich auf 25 Jahre und die Zinskosten betragen nur noch ca. 28.000 Euro. Sie hätten also 30 Jahre und 37.000 Euro gespart.
Übrigens: Vergessen Sie nicht, die Möglichkeit von Sondertilgungen im Vertrag festzuhalten. So können Sie immer außerplanmäßige Zahlungen vornehmen, wenn Sie etwas Geld übrig haben. Auf diese Weise werden Sie noch schneller schuldenfrei.
Was bedeutet das alles zusammengerechnet?
Das Zusammenspiel von monatlichem Budget, Eigenkapital, Zinssatz und Tilgungsrate verrät Ihnen, wie viel Sie sich leisten können.
Sie haben Ihre monatliche Belastungsgrenze ermittelt. Um die maximale Belastung für ein Jahr zu berechnen, nehmen Sie den Wert mal zwölf. Das Ergebnis teilen Sie durch die Summe von Zinssatz und Tilgungsrate. Schon haben Sie ausgerechnet, welche Darlehenssumme Sie sich höchstens leisten können.
Rechenbeispiel:
Monatliche Belastungsgrenze: 800 EuroJährliche Maximalbelastung: 9.600 Euro (800 x 12)
Zinssatz: 2 Prozent
Tilgungsrate: 2 Prozent
Rechnung: 9.600 : (0,02 + 0,02) = 240.000 Euro
Die maximale Darlehenssumme beträgt 240.000 Euro. Mit einem Eigenkapital von 40.000 Euro dürfte die Immobilie also höchstens 280.000 Euro kosten – inklusive Nebenkosten. Der Kaufpreis sollte also niedriger ausfallen.
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